Mittwoch, 26. August 2015

Schachtar Donezk - Rapid 2:2 (2:2)

Champions League, Play Off (4. Qualifikationsrunde), 25.8.2015
Arena Ľviv, 28.417

Das Spektrum der Gemütsschwankungen zwischen Enttäuschung über die so knapp verpasste Champions-League-Teilnahme und Stolz und Begeisterung angesichts der Leistung dieser Mannschaft ist recht groß. Wir waren dran. Wir hätten es verdammt knapp geschafft. Aber es hat nicht sollen sein. Dennoch haben wir stark gespielt. Stärker als ich erträumt hatte. So knapp dran gewesen zu sein ist bereits ein Wahnsinn. Man kann es fast nach jedem Spiel wiederholen: Diese Rapid ist beeindruckend.
In der Anfangsphase schien uns Schachtar überrollen zu wollen. Wir hielten stand, mussten aber nach zehn Minuten das 1:0 hinnehmen. Doch kurz darauf kamen wir mit der ersten Torchance eines schnell gespielten Angriffs zum Ausgleich (Schaub!). Mit einem Freistoßtreffer zauberte Steffen Hofmann sogar die Führung herbei. Auch wenn dann ihre ärgste Druckphase vorbei war, erzielte Schachtar allerdings noch das 2:2. Eine erste halbe Stunde, in der man nur staunen konnte. In der zweiten Halbzeit zog das starke Schachtar Donezk ein Geduldspiel auf, wissend dass sie Zeit und Spielstand nach dem Hinspiel auf ihrer Seite hatten. Rapid hatte in den Schlussminuten genau die Matchbälle, die man sich hier dazu erträumt hatte. Doch ein Kopfball von Berić ging unerfindlich daneben und Prosenik traf den Ball nur an die vermaledeite Stange. Es hilft nichts. Aber trotz allem überwiegt die Freude an dieser Rapid. Das Auftreten ohne Genierer, das selbstbewusste Spiel gegen einen stärkeren Gegner, der Kampf bis zuletzt − das ist Rapid nahe am Idealzustand.
Der 1.000-köpfige Rapid-Auswärtsblock bestimmte lautstark die Stadionatmosphäre. Abseits davon gab es zeitweilige Schachtar-Rufe des ganzen Stadions und gelegentlich Pfiffe, wenn die Rapidfans laut wurden. Ein kleiner Schachtar-Fanblock unterstützte seine Mannschaft im fernen Lemberg.
Der FK Schachtar Donezk, ukrainisch Шахтар Донецьк, lange Zeit unter dem russischen Namen Schachtjor Donezk (Шахтёр Донецк) bekannt, wurde 1936 gegründet. Schachtar oder Schachtjor bedeutet „Bergarbeiter“, Donezk liegt in der russischsprachigen ostukrainischen Bergbauregion Donbass. Die Stadt Donezk hieß damals Stalino, so wurde der Verein 1936 als Ugolniki Stalino (ukrainisch Вугільники Сталіно) gegründet. Noch im selben Jahr wurde der Verein nach dem Donezker Bergarbeiter Stachanov, der nach propagandistischer Übererfüllung des Plansolls als „Held der Arbeit“ gefeiert wurde, in Stachanoviec Stalino (ukrainisch Стахановець Сталіно) umbenannt. 1946 wurde dann daraus Schachtjor Stalino (russisch Шахтёр Сталино) und nach Umbenennung der Stadt 1962 Schachtjor Donezk (russisch Шахтёр Донецк). Seit der ukrainischen Unabhängigkeit wird der Name offiziell in ukrainischer Sprache als Schachtar Donezk (Шахтар Донецьк) verwendet. Von 1938 bis 1991 spielte der Verein mit Unterbrechungen durch den Zweiten Weltkrieg sowie einen Abstieg 1971 fast ununterbrochen in der höchsten sowjetischen Liga. Beste Meisterschaftsplatzierung war dabei drei zweite Plätze, viermal (1960, 1961, 1980 und 1983) wurde der sowjetische Cup gewonnen. Nach der ukrainischen Unabhängigkeit 1991 wurde Schachtar 1996 vom Milliardär Rinat Achmetov übernommen, der sich den Verein um viel Geld zum Identitätsstifter der Region und unter Trainer Mircea Lucescu (seit 2004) mit brasilianischen Spielern zum europäischen Spitzenverein aufbauen ließ. Seit 2002 wurde neunmal die ukrainische Meisterschaft gewonnen, zuletzt von 2010 bis 2014 fünfmal in Serie. Dazu gab es seit 1995 ebenfalls neun Cupsiege. Auf europäischer Ebene spielt man regelmäßig in der Champions League und gewann 2009 den UEFA-Cup.
Die Arena Ľviv (Арена Львів) im westukrainischen Lemberg (Ľviv) wurde für die EM 2012 errichtet und hat eine Kapazität von 34.915 Plätzen. Die ukrainischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler kostete der Bau 220 Millionen Euro. Da der hiesige Verein Karpaty Ľviv angesichts der hohen Kosten nach fünf Spielen hier wieder ins eigene Stadion Ukrajina zurückkehrte, stand der teure Neubau am Stadtrand nach drei Gruppenspielen bei der Europameisterschaft leer. Seit dem Ausbruchs des Kriegs in der Ostukraine 2014 und der Kriegsbeschädigung der Donbass Arena trägt Schachtar Donezk einen Teil seiner Heimspiele hier aus, 1.000 Kilometer von Donezk entfernt.
Vor dem Spiel wurde die Stadt Lemberg besichtigt. Dazu wurden neben dem Stadion auch das Museum von Karpaty Ľviv und ein weiteres Stadion angeschaut und der Ursprungsort des polnischen und ukrainischen Fußballs besucht.

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