Mittwoch, 25. Januar 2012

„Als ich einmal Harreither in der Dusche interviewte“


Rezension


Wendelin Schmidt-Dengler / Andreas Weber (Hg.)
„Als ich einmal Harreither in der Dusche interviewte“
11 Texte zum österreichischen Fußball
Salzburg/Wien 2008 (Otto Müller Verlag)
154 S.





In der Publikationseuphorie im Vorfeld der Europameisterschaft 2008 erschien auch dieses kleine Buch. Der leider verstorbene Germanistikprofessor und Rapidler Wendelin Schmidt-Dengler gab gemeinsam mit dem Schriftsteller und Filmemacher Andreas Weber eine Anthologie von elf literarischen und journalistischen Essays verschiedener Autoren und einer Autorin heraus. Der Titel und Inhalt des amüsanten Texts der einzigen Autorin, Margit Schreiner, fand den Weg zum Buchtitel.

Die elf Texte sind inhaltlich wie stilistisch sehr unterschiedlich. Es gibt u.a. mehr oder weniger gelungene Erzählungen, ein Gespräch von Wendelin Schmidt Dengler und Gerhard Roth oder Erinnerungen von Alfred Tatar an zwei entscheidende Tage in seiner Trainerzeit bei der SV Ried 2001 und 2002. Am interessantesten sind dabei die Reportage von Leopold Federmair über Ivica Vastić in Japan und der Bericht von Andreas Weber über die Entstehung seines wunderbaren Films über Mario Kempes.
Ein Schmankerl ist darüber hinaus die erste Veröffentlichung des damals fünfzehnjährigen Karl-Markus Gauß: Eine kleine Rezension des Großen Rapidbuchs von Günther Allinger aus dem Jahr 1969 in der Zeitschrift von Gauß' Vater.

Von Wendelin Schmidt-Dengler stammt eine gewohnt spannende Tour d'horizon durch die Literaturgeschichte. Am schönsten ist daraus eine von ihm zitierte Passage aus dem Roman Jugend ohne Gott von Ödön von Horváth (1937 erschienen):
„Wenn der Rechtsaußen den linken Half überspielt und zentert, wenn der Mittelstürmer den Ball in den leeren Raum vorlegt und der Tormann sich wirft, wenn der Halblinke seine Verteidigung entlastet und ein Flügelspiel forciert, wenn der Verteidiger auf der Torlinie rettet, wenn einer unfair rempelt oder eine ritterliche Geste macht, wenn der Schiedsrichter gut ist oder schwach, parteiisch oder parteilos, dann existiert für den Zuschauer nichts auf der Welt außer dem Fußball, ob die Sonne scheint, obs regnet oder schneit. Dann hat er alles vergessen.“

Man kann Schmidt-Dengler nur zustimmen, wenn er zu diesen Zeilen schreibt: So anschaulich haben den Fußball und die Faszination durch ihn als ein ,theatrum mundi bislang nur wenige beschrieben.

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